Behindertenpolitik

geehrte Frau Pau,

mein Name ist Manuel Papagrigoriou. Ich wurde am 23.07.1984 geboren und leide seitdem an einer soganannten Tetra-Spastik, die mir durch einen Arztfehler zugefügt wurde, was zur Folge hat, dass ich an den Rollstuhl gefesselt bin.

Wie mir aus verschieden Quellen zu Ohren kam, soll die Behindertenpolitik in der ehem. DDR nicht gerade die Humanste gewesen sein, von gesellschaftlicher Ausgrenzung, ja sogar von Verwahrlosung und Misshandlungen in Heimen, aber auch von der Einrichtung von sogenannten „Behindertendörfern“ war hier die Rede. Auch sollen die sozialen Leistungen für Behinderte wesentlich schlechter gewesen sein bzw. hat man für jede Leistung angeblich jahrelang kämpfen müssen, bevor sie dann endlich bewilligt wurde.

Andere Quellen berichten wiederum das genaue Gegenteil; hier wird behauptet, Behinderte seien wesentlich mehr in die Gesellschaft integriert gewesen, als in der BRD. Auch sollen die sozialen Leistungen wesentlich besser gew esen sein, als in der Selben.

Wie ich aus Ihren Beiträgen auf dieser Seite entnehmen kann, waren Sie schon zu Zeiten der DDR bzw. SED in der Politik aktiv, weshalb ich annehme, dass es für Sie kein Problem darstellt, mir zu sagen, welche der beiden obengenannten Aussagen der Wahrheit entspricht.

Nun zum nächsten Abschnitt meiner Frage:

Wie ich leider desöfteren feststellen musste bzw. muss, sind die Verteilungsverhältnisse in diesem System, um es gelinde auszudrücken, nicht gerade die gerechtesten, was ich als Angehöriger einer Minderheit als einer der 1. zu spüren bekomme. Einerseits bekommt man zu hören, dass die Kassen leer seien und aufgrunddessen Kürungen im Sozialwesen nötig wären. Andererseits hört man von Verschwendungsgeldern in Milliardenhöhe, überbezahlten Managern und den sich jährlich erhöhenden Diäten der Abgeordneten.

Will man mir in anbetracht der zuletzt genannten Zahlen und Fakten tatsächlich noch weismachen, es stände nicht genügend Geld zur Verfügung, um körperlich eingeschränkten Menschen ein Leben in Würde bzw. Selbstbestimmung zu ermöglichen?

Wenn Sie sich meinen Behindertenausweis anschauen, so finden Sie darauf den Großbuchstaben B. Wenn Sie dann etwas genauer hinschauen, werden sie wissen, wofür dieser Buchstabe steht, nämlich für folgendes: „Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist Nachgewiesen.“ Hie rmit schießt sich der Staat definitiv ein Eigentor, dann er bestätigt mir hiermit schwarz auf weiss, dass mir tägliche und ganztägige Begleitung zusteht. Wie kommt es aber dann, dass Meinereiner zumeist noch immer dazu gezwungen ist, völlig unbeteiligte Personen(Busfahrer, Passanten etc.) mit meiner Not zu behelligen, sobald er am öffentlichen Leben teilhaben will? Bestenfalls bekommt man eine gewisse Zahl von Stunden in der Woche genehmigt, für die man einen gewissen Satz an Geld bekommt, von dem man sich dann einen Betreuer bezahlen kann, den man sich selbstverständlich selbst suchen muss! Sie werden verstehen, dass mir mich in anbetracht der Gesamtsituation reichlich verhohnepiepelt vorkomme.

Nun meine Frage an Sie, Frau Pau: Was wird DIE LINKE im Bezug auf die Behindertenpolitik in diesem Staat tun bzw. verändern bzw. verbessern?

Für Ihre Antwort danke ich Ihnen im Voraus!

Mit freundlichen Grüßen
Manuel Papagrigoriou
NRW
22. Juli 2008

Sehr geehrter Manuel Papagrigoriou,

als die PDS einen grundsätzlichen Neuanfang wagte, das war 1990, mischten sich zahlreiche Menschen mit Behinderungen in die programmatischen Debatten ein. Das war erhellend und erfrischend. Im Rückblick glaube ich, dass dieses Engagement vor allem zwei Gründe hatte. Zum einen gab es in der DDR offensichtlich Defizite, die sich für Menschen mit Behinderungen besonders auswirkte. Deshalb erwarteten diese insbesondere von einer neuen Linkspartei, dass sie auf Besserung drängt. Zum Zweiten nahte die deutsche Einheit, was für Menschen mit Behinderungen wiederum Chancen, aber auch Risiken barg.

Da Sie aber zu Recht sachkundige und detaillierte Antworten erwarten, empfehle ich Ihnen meinen Fraktionskollegen Dr. Ilja Seifert. Er ist selbst auf seinen Rollstuhl und auf weitere Hilfe angewiesen. Und er engagiert sich seit Jahren für eine linke Politik mit und für Menschen mit Behinderungen. Dr. Ilja Seifert, seine Positionen und seine Kontaktdaten finden Sie unter www.linksfraktion.de/mdb_seifert.php.

Abschließend gebe ich Ihnen völlig Recht: Die Politik der letzten Jahre ging eindeutig zu Lasten der sozial Schwachen und Hilfebedürftigen. Zugleich werden die Wohlhabenden immer reicher. Das Solidarprinzip gerät aus den Fugen, weil es politisch aufgekündigt wird. Gerade im Gesundheitswesen ist das besonders spürbar. Und leider verbreiten alle anderen Parteien die Mär, das alles sei alternativlos. Das ist es natürlich nicht. Deshalb empfehle ich Ihnen weitere Einblicke in die Web-Angebote der Fraktion DIE LINKE. Dort finden Sie unter http://www.linksfraktion.de/themen_der_fraktion_a_e.php alphabetisch geordnet unsere Standpunkte zu den verschiedensten Themen.

Mit solidarischen Grüßen aus dem Allgäu

Petra Pau
24. Juli 2008

 

 

24.7.2008
www.petra-pau.de

 

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