Linksbündnis und Querschüsse

Liebe Petra Pau,

ich habe eine hohe Achtung davor, was Du und Gesine Lötzsch im Bundestag leisten. An den verschiedensten Punkten, ob es Hartz IV war oder der Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch, hast Du die Position der PDS vertreten und außerhalb und innerhalb der PDS Achtungserfolge erzielt.

Leider kann ich Dein derzeitiges Agieren in Bezug auf das angestrebte Linksbündnis nicht mehr nachvollziehen. Die ständigen Querschüsse gegen Oskar Lafontaine entsetzen mich. Das Bündnis ist entscheidend von der Person Oskar Lafontaine abhängig.

Die negative Alternative zum gemeinsamen Antreten von WSAG und PDS wäre, neben dem Misserfolg bei der Bundestagswahl, eine aussterbende PDS (in 5-10 Jahren) und eine dahin dümpelnde Sektierergruppe im Westen.

Ich bitte Dich daher die politische Klugheit und nicht das Bauchgefühl walten zu lassen. Wir stehen vor einer gewaltigen Chance und sollten diese positiv angehen.

Mit solidarischen Grüßen
Jürgen Sauermann
Thüringen, Altenburg
6. Juli 2005

Lieber Jürgen Sauermann,

ich sehe die Chancen für eine neue, bundesweite Linkspartei und ich sehe die Risiken, wenn der Versuch scheitert. Deshalb werbe ich für ein Zusammengehen von PDS und WASG sowie mit weiteren Linken zur anstehenden Bundestagswahl. Und ich will dazu beitragen, was ich kann, damit perspektivisch eine neue Linkspartei Gestalt annimmt. Soweit sehe ich keinen Widerspruch zwischen Deinem Anliegen und meinem Vorhaben.

Du ahnst sicher trotzdem mein ABER. Kurz gesagt: Eine neue Linkspartei darf nicht nur Links heißen, sie muss auch Links sein. Und ob sie das ist, entscheidet sich politisch, über Programme und Positionen. Das dürfen wir, bei aller Aufbruchstimmung und bei aller Zeitnot, nicht wegdrücken. Wir brauchen erkennbare Klarheit, also inhaltliche Klärung.

Das wird in vielen Fragen gar nicht problematisch sein. Schließlich hat sich die WASG aus Widerstand gegen die rot-grüne Agenda 2010 und Hartz IV gegründet, also gegen ein Sozialabbau-Programm, das wir als PDS stets abgelehnt haben. Das verbindet mich auch mit Oskar Lafontaine, den du zu Recht als entscheidende Person für ein Linksbündnis beschreibst.

Aber gerade weil Oskar Lafontaine für die Richtung einer neuen, bundesweiten Linkspartei wichtig ist, gerade deshalb dürfen wir Differenzen und offensichtliche Konflikte nicht ausblenden, nur weil die Medien sie gerne aufgreifen. Wir müssen sie aussprechen und lösen. Versuchen wir das nicht, dann überrennen uns die Risiken, ehe wir die Chancen gefasst haben.

Ich bekomme derzeit viel Post, besonders viel Post. Dabei gibt es viel Kritik und viele Kritiker drücken sich nicht so sachlich aus, wie Du. Aber es gibt auch zunehmend Zweifler, ob das neue Linksbündnis überhaupt noch wählbar, noch links ist. Das wiederum hat viel mit Oskar Lafontaine zu tun. Deshalb finde ich: Wir müssen die Differenzen klären. Vertuschen dürfen wir sie nicht.

Genau darum bemühe ich mich. Übrigens nicht nur als Petra Pau oder als PDS-MdB im Innenausschuss des Bundestages, sondern auch als Sprecherin der PDS-BAG „Bürgerrechte und Demokratie“. Die lehnt Folter ab, sie lehnt Internierungslager für Asylsuchende in Afrika ab und sie lehnt Begriffe wie „Fremdarbeiter“ ab.

Oskar Lafontaine vertritt andere Positionen. Das ist sein gutes Recht. Aber wie Du sagst: Er ist wichtig für ein neues Linksbündnis und deshalb wünsche ich gerade mit ihm inhaltliche Klärungen. Ich habe mich 15 Jahre lang dafür engagiert, dass die PDS eine soziale Partei ist und zugleich eine moderne sozialistische Bürgerrechtspartei.

Die PDS hat inzwischen in zahlreichen Initiativen und Organisationen, die sich um Bürgerrechte, Demokratie und Integration kümmern, einen guten Ruf. Eben, weil wir uns in Menschenrechtsfragen als verlässliche Partner erwiesen haben.

Für dieses Image haben wir 15 Jahre gemeinsam geackert und gekämpft. Wir können es als Mitgift in eine neue Linkspartei einbringen. Und wir sollten es auch unbedingt tun. Dazu müssen wir es aber auch bewahren. Wir dürfen es nicht gefährden. Das ist mein Anliegen. Und das ist der Konflikt, den ich u. a. in einer „Aktuellen Notiz“ beschrieben habe. Nachlesbar unter www.petrapau.de.

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau
6. Juli 2005

 

 

6.7.2005
www.petra-pau.de

 

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