Chancen groß, Gefahren riesig

Rede von Petra Pau auf der Feierstunde auf dem Platz des 18. März
Berlin, 18. März 2021 Debatte zu

[pdf]

1. Alljährlich gedenken wir am 18. März auf diesem gleichnamigen Platz historischer Ereignisse, die mit diesem Datum verbunden sind, allen voran den bürgerrechtlichen Revolutionen anno 1848.

Aber nicht nur: Heute vor 150 Jahren, 1871, begann die Pariser Commune. Nach Wochen des Aufbegehrens wurde sie blutig niedergeschlagen.
Aber das Anliegen der Revolutionäre damals lebt fort, eine sozial gerechte Gemeinschaft mit Bürgerrechten und Demokratie für alle.
 

2. Ich füge ein: Meine zentrale Lehre als Linke aus dem Scheitern des real-existierenden Sozialismus sowjetischer Prägung, also auch der DDR, ist:
Soziale Rechte sowie Bürgerrechte und Demokratie dürfen nie mehr hierarchisiert oder gegeneinander aufgerechnet werden.

Diese Mahnung gilt auch mit Blick auf aktuelle Entwicklungen im real-existierenden Kapitalismus, also hierzulande.
 

3. Natürlich ist die Lage derzeit nicht mehr mit jener von 1848 oder 1871 vergleichbar. Viel wurde seither gesellschaftlich erreicht und in Verfassungen verbrieft. Aber etliche Makel bestehen fort und manche Errungenschaften werden wieder in Frage gestellt.

Deshalb sage ich im Rückblick auf die Pariser Kommune:
Wir erinnern nicht des Erinnerns wegen, sondern immer auch mit Augenmerk auf aktuelle Herausforderungen.
 

4. Obwohl man es von mir als Linke wohlmöglich anders erwartet, will ich die soziale Frage nur streifen.

Aber so lange Bürgerinnen und Bürger im Osten bei gleichwertiger Arbeit schlechter entlohnt werden als ihre Kolleginnen und Kollegen im Westen, und so lange das Engagement von Frauen weniger gilt, als das von Männern, so lange liegt etwas unsozial im Argen.
 

5. Mir geht es jetzt um einen wesentlichen Aspekt zum Thema Bürgerrechte und Demokratie. Dazu erinnere ich an ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1983, bekannt unter dem Kürzel „Volkszählungsurteil“.

Sinngemäß besagt es: Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr wissen oder nicht mehr wissen können, wer was über sie weiß, sind nicht mehr souverän.
Wer nicht mehr souverän ist, kann kein Souverän sein. Eine Demokratie ohne Souveräne aber ist undenkbar. Ich rede über Datenschutz.
 

6. Nun gibt es immer wieder Begehrlichkeiten, auch von Staatswesen, in den Datenschutz einzugreifen. Die neuen Polizeigesetze von Bayern und Sachsen sind hierfür beredte Beispiel.

Hinzu kommt eine globale Entwicklung mit grundlegenden Herausforderungen, in ihrer Tiefe und Weite vergleichbar mit jenen von 1848 oder 1871.
Ich meine die alles durchdringende Digitalisierung. Daten, auch persönliche, sind ihre Grundlage.

Jüngst wurde ich gefragt, was mit Blick auf Bürgerrechte und Demokratie bei der Digitalisierung mehr wiegt, ein mögliches Plus oder ein drohendes Minus. Ich habe meine Gedanken dazu überschrieben mit: Chancen groß, Gefahren riesig.
 
 

 

 

18.3.2021
Impressum
Datenschutzerklärung

 

Übersicht
Bundestag

 

 

Lesbares

 

Seitenanfang

 

Startseite