Zwischen Nützlichkeit und Würde

Grußwort von Petra Pau auf dem rls-Forum „Eigensinn im Bruderland“
Berlin, 6. Juni 2019

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Anrede
 
Es geht um Rückblicke auf die DDR. Im Begleittext dieser Veranstaltung von 'Eigensinn im Bruderland' steht: „Im Fokus stehen ausschließlich die Perspektiven verschiedener Migrantinnen und Migranten und ihre Erfahrungen“.
„Ausschließlich“ gefällt mir, denn dadurch könnte ich meinen Beitrag flugs beenden.

Drei Vorbemerkungen will ich doch noch beisteuern.

Erstens: Es geht nicht um Asyl. Asyl war in der DDR übrigens schlechter geregelt, als in der BRD. In der Bundesrepublik gilt bzw. galt Asyl per Grundgesetz als Menschenrecht. In der DDR konnte Asyl laut Verfassung von Staatswegen gewährt werden. Das wurde zu DDR-Zeiten auch, z. B. zu bestimmten Zeiten für Geflüchtete aus Griechenland, Spanien und Chile. Aktuell geht es darum, in der Bundesrepublik Deutschland das Asylrecht als Individualrecht zu erhalten. Es wird seit 25 Jahren von Staats wegen politisch bedrängt und rechtlich verengt.

Zweitens: Zugleich läuft eine kontroverse Debatte, ob und welche Migrantinnen und Migranten kommen dürfen oder eben nicht. Dabei gibt es eigenartige Parallelen. Insbesondere die CDU/CSU will gut ausgebildete Migranten nach Deutschland holen, weil die Wirtschaft preiswerte Arbeitskräfte brauche. Einige Linke argumentieren dagegen, dass allemal gut ausgebildete Migranten in ihren Heimatländern bleiben sollen, um diese zu entwickeln. Beide bemühen aus meiner Sicht dieselbe Borniertheit. Sie betrachten Migrantinnen und Migranten nach ihrer Nützlichkeit und nicht als Menschen mit Würde und Anspruch auf Freiheit.

Und damit bin ich bei Drittens: Sie werden als ehemalige „Vertragsarbeiter“ der DDR über ihre Erfahrungen berichten. Da dürfte es gute und schlechte geben, davon bin ich überzeugt. Das beginnt beim Begriff „Vertragsarbeiter“, deren Soll und Haben zwischen Staaten vertraglich vereinbart wurde. Und auch dabei stand Nützlichkeit im Vordergrund. Inwiefern Ihnen bei alledem noch Würde und Anspruch auf Freiheit blieben, auch das gehört zum Thema.

Und so danke ich für Ihr Kommen und der Rosa-Luxemburg-Stiftung für das Vorhaben. Der Konferenz wünsche ich Erfolg.
 
 

 

 

6.6.2019
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