Aktuelle Notiz: „Der Fall Ramelow“

von Petra Pau
Berlin, 9. Oktober 2013

Grenzen mit Hintertüren

1. 

Das Bundesverfassungsgericht hat heute die Überwachung von Bodo Ramelow durch Ämter für Verfassungsschutz für verfassungswidrig erklärt. Die Beobachtung eines Abgeordneten sei ein schwerer Eingriff in das freie Mandat, heißt es. Das könne nur in Ausnahmefällen begründet werden, im Fall Ramelow nicht. Es ist ein typisches Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Es setzt Grenzen mit Hintertüren.

2. 

Auch ich klage weiter gegen meine Beobachtung durch den „Verfassungsschutz“. Im Februar hatte ich einen Teilerfolg beim Verwaltungsgericht Köln. In einer Erklärung des Bundesamtes für Verfassungsschutz hieß es salopp übersetzt:
Erstens: Petra Pau ist als Person eine Gute.
Zweitens: Sie wird seit Monaten nicht mehr beobachtet.
Drittens: Das bleibt so, so lange Petra Pau als Person eine Gute bleibt.
Punkt 3 bedeutet übrigens im Klartext: So lange ich keine herausgehobene Funktion in der Partei DIE LINKE anstrebe.

3. 

Ausgeklammert wurde bei dieser Gerichtsverhandlung meine Klage auf vollständige Einsicht der Akten beim Bundesamt für Verfassungsschutz, in denen Angaben über mich erfasst wurden. Personenakten über mich konnte ich vor Jahren bereits lesen. Es waren dicke Ordner. Ein Drittel enthielt Banales. Zweidrittel waren geschwärzt, weil ich ansonsten erfahren könnte, mit welchen Mitteln ich observiert wurde oder werde.

4. 

Aktuell geht es um Sachakten, in denen ebenfalls Angaben zu „Petra Pau“ erfasst sind. Das Bundesamt für Verfassungsschutz widerspricht und verweigert mir den Einblick. Auf 40 Seiten wird argumentiert, ich hätte keinen Rechtsanspruch darauf. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung greife zu kurz und ginge fehl. Diese windige Begründung werde ich natürlich juristisch zurückweisen lassen.

5. 

Aber das Bundesamt für Verfassungsschutz geht in seinem „Schutzbrief“ in eigener Sache noch weiter. Die von mir begehrte Akteneinsicht sei obendrein „unverhältnismäßig“. Es gehe immerhin um 400 Akten. Sie müssten vorher gesichtet werden. Das wiederum würde die Arbeitszeit eines Beamten volle 60 Tage lang komplett binden. Ich übersetze gutmütig: Auch ich bräuchte drei Monate, um all das Sammelsurium über mich lesen zu können. Das wäre doch zuviel.

Kurzum:
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum „Fall Ramelow“ ist wichtig.
Gleichwohl müssen ich und weitere linke Abgeordnete weiter um unser Recht kämpfen. Wir werden dies tun. Denn es geht nicht (nur) um uns, sondern vor allem um Grundsätzliches, um garantierte Bürgerrechte und um eine lebendige Demokratie. Hinzu kommt: Geheimdienste sind unkontrollierbar. Das ist entspricht ihrem Wesen. Sie sind Fremdkörper.

Doch daran hat das Bundesverfassungsgericht nicht gerüttelt. Es hat lediglich die Hürden für die Überwachung von Abgeordneten etwas höher gesetzt. Am auf dem Kopf stehenden Prinzip aber, wonach geheime Behörden Parlamentarier überwachen dürfen, Parlamentarier aber dieselben Behörden nicht kontrollieren können, hat es sich nicht gestört.

Deshalb eine Anmerkung zu einigen Kommentaren zum aktuellen Urteil. „Die sollen nicht DIE LINKE sondern Rechte beobachten.“ So oder ähnlich lese ich und widerspreche. Die Ämter für Verfassungsschutz liegen, so, wie sie agieren, auch mit Artikel 5 Grundgesetz, „Meinungsfreiheit“, über Kreuz. Sie ermitteln keine Straftäter. Das ist Sache der Polizei. Sie betreiben Gesinnungsschnüffelei. Auch deshalb sind sie als Geheimdienste aufzulösen.

 

 

9.10.2013
www.petra-pau.de

 

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