100 % sozial und 100 % für mehr Demokratie

Petra Pau auf der Wahlkampf-Kundgebung der LINKEN in Berlin, Marzahn-Hellersdorf am 11. September 2013

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Ich werde ihnen fünf Geschichten erzählen. Fünf mit Facetten.

1. Die erste Geschichte:

Vor zehn Jahren waren Gesine Lötzsch und ich allein im Bundestag.
Eine linke Fraktion gab es nicht mehr.
Das war für uns nicht vergnügungssteuerpflichtig.
Aber das ist nicht mein Punkt.
Vielmehr: Kaum waren damals SPD und Grüne ohne linkes Korrektiv, schon warfen sie flugs alle soziale Scham über Bord.

Das sollten wir im Gedächtnis behalten!
Sie beschlossen „Hartz IV“, Renten-Kürzungen und Steuergeschenke für Millionäre und Milliardäre. Kurzum, die so genannte „Agenda 2010“.
In so eine haltlose Situation dürfen SPD und Grüne nie wieder kommen.
Und da hilft nur eines: Am 22. September die DIE LINKE stark wählen.

2. Zu „Hartz IV“ nur so viel:

CDU/CSU und FDP haben nun den Regelsatz pünktlich zur Wahl um neun Euro angehoben - medienträchtig, lumpig und würdelos.
Für Hartz IV-Menschen sind rund 3,80 Euro für Essen und Trinken vorgesehen. Für einen Polizeihund werden täglich 6 Euro für Verpflegung veranschlagt.
Das zeigt, wie sehr die Sozialpolitik auf den Hund gekommen ist.
Womit ich nichts gegen Hunde sage. Die Politik muss geändert werden.

3. Die zweite Geschichte

Bereits 2002 hatten wir im Bundestag gesetzliche Mindestlöhne gefordert.
Wir wurden dafür von allen Parteien verlacht und verhöhnt, von allen.
Heute rühmt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, die CDU hätte Mindestlöhne in zwölf Branchen eingeführt.
Und SPD-Kanzler-Kandidat Peer Steinbrück kündigt als erste Amtshandlung einen gesetzlichen Mindestlohn vom 8,50 Euro an. Das sei überfällig. Obendrein seien 8,50 Euro seriös, sagt er: Im Gegensatz zum Überbietungs-Wettlauf der LINKEN.

Fragen wir nicht Steinbrück, sondern die Fakten! Es gibt in Deutschland ein Pfändungsrecht. Es besagt: Egal, wer bei wem wie hoch verschuldet ist, die letzten 1.050 Euro dürfen ihm nicht genommen werden.
Denn unter 1.050 Euro ist die Würde des Menschen nicht mehr gewährleistet.
Die aber ist laut Art. 1 Grundgesetz unantastbar und zwar für jede und jeden.
Für mich, für DIE LINKE, ist Artikel 1 Grundgesetz ein Generalschlüssel unserer Politik.
Und zwar nicht nur für die Schönen und Reichen. Das unterscheidet uns übrigens auch von den Niedriglohn- und Leiharbeits-Aposteln der CDU und FDP.

Rechnet man die Würde-Grenze von 1050 Euro nun auf Mindestlöhne um, so kommt man - eben - auf 10 Euro je Stunde. Kurzum: DIE LINKE überbietet nicht. Vielmehr unterbieten SPD und Grüne die Würde des Menschen.
Sie sollten sich dafür schämen!

4. Noch eine Rechnung zum Mindestlohn:

Wenn 10 Euro je Stunde 100 Prozent sozial sind, dann müssten 8,50 Euro immerhin 85 Prozent sozial sein. Das Angebot der SPD und der Grünen würde tatsächlich Millionen Beschäftigten helfen, die noch immer mit 4 oder 5 Euro abgespeist werden.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die ganze besagt: Mindestlöhne unter 10 Euro führen schnurstracks in die Altersarmut. Das will DIE LINKE nicht.
Wir wollen keine Arbeitsarmut, keine Altersarmut, keine Kinderarmut.

5. Obendrein habe ich am Beispiel Mindestlohn gelernt, dass Ossis pflegeleichter sind, als Wessis. Im Westen betragen sie im Pflegebereich 9 Euro, im Osten nur 8 Euro. Folglich muss das Pflegen von Menschen im Osten leichter sein, als im Westen. Das ist absurd und erbärmlich!

Die Wahrheit ist, dass die Mauer in den Köpfen noch immer haushoch ragt, bei Politiker und leider auch bei Gewerkschaften. Es gibt nur eine Partei, die seit Jahren dagegen verlässlich kämpft.
DIE LINKE fordert: gleiche Löhne und gleiche Renten in Ost und West!

6. Schließend auch das noch am Beispiel Mindestlohn:

Selbst die FDP verschließt sich ja nicht mehr gänzlich.
Kürzlich brachte sie 4 Euro ins Gespräch. Mit Verlaub:
Das ist nicht 40 Prozent sozial. Das ist schlicht asozial!

7. Meine dritte Geschichte

In der Bundespolitik bin ich seit Jahren als Innenpolitikerin unterwegs.
Das ist ein weites Feld, von der Polizei über das Beamtenrecht bis zum THW.
Meine Pro-Themen sind Bürgerrechte und Demokratie,
meine Kontra-Themen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.

Und so war ich für DIE LINKE im Untersuchungsausschuss des Bundestages zur NSU-Nazi-Mordserie. Es war eine doppelte Erfahrung. Zum einen haben wir parteiübergreifend bewiesen, dass man auch in bitter-ernsten Fragen zusammenarbeiten kann. Wenn man es nur will! Ich jedenfalls will, dass Politik, Respekt und Kultur nicht länger gegeneinander gehetzt werden.

Zum zweiten haben wir im Untersuchungsausschuss gemeinsam in Abgründe geschaut, in politische, in staatliche, in menschliche. Eine Nazi-Bande zog 13 Jahre lang mordend und raubend durch Deutschland, angeblich unerkannt und unbehelligt.

Die unglaubliche Nazi-Mordserie war rassistisch motiviert, ebenso trugen die staatlichen Ermittlungen rassistische Züge.
Rassismus ist menschenverachtend und ist zu ächten!
So weit waren wir uns von CDU/CSU bis LINKE im Ausschuss einig.
Aber es gibt natürlich auch gravierende Unterschiede.

Aus Sicht der LINKEN agierten im Zentrum des Versagens die Ämter für Verfassungsschutz. Nicht aus Versehen, sondern mit System.
Sie haben polizeiliche Ermittlungen behindert und durch ihre V-Leute-Kumpanei mit Nazis deren Szene gestärkt.
Deshalb sagen wir klipp und klar: Die V-Leute-Praxis ist sofort zu beenden und die Ämter für Verfassungsschutz sind als Geheimdienste aufzulösen!

9. Die vierte Geschichte gehört dazu

Am 4. November 2011 war die NSU-Mörder-Bande aufgeflogen.
Einen Monat später stellte Prof. Heitmeyer eine Langzeitstudie vor.
Heitmeyer und sein Wissenschaftler-Team hatten zehn Jahre lang „Deutsche Zustände“ untersucht, so der Titel. Der Befund: Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nimmt zu, ebenso die Akzeptanz für Gewalt zur Lösung von Problemen. Damit ist nicht der rechte Rand gemeint, sondern die Mitte der Gesellschaft. Mehr Feindlichkeit, mehr Gewalt, das ist ein alarmierendes Urteil.

Wir haben bei den Auseinandersetzungen rund um das Flüchtlingsheim in Hellersdorf beides erlebt: Wie Hass geschürt und wie Hilfe angeboten wird.
Ich danke allen, die sich Nazis entgegen stellen, sich für Menschen in Not engagieren und für alle ein gutes Miteinander wollen.

10. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist mehr als Rassismus.
Sie richtet sich gegen Arbeits- und Obdachlose, gegen Menschen mit Behinderungen usw.
Als Ursachen benennen Heitmeyer & Co. zwei Fehlentwicklungen:
Das Soziale wird ökonomisiert und die Demokratie wird entleert.
Alles muss sich rechnen, selbst menschliche Beziehungen.
Und immer mehr wird über die Köpfe vieler hinweg entschieden.

Auch deshalb fordert DIE LINKE als moderne sozialistische Bürgerrechtspartei beides: endlich mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Demokratie.

11. Inzwischen haben Wissenschaftler für die Friedrich-Ebert-Stiftung eine weitere Studie vorgestellt. Ihr Titel: „Die Mitte im Umbruch!“
Ihre Analyse: Während die Reichen immer reicher und die Armen immer zahlreicher werden, ist die Mitte im Umbruch, instabil und schwindend.
Hinzu kommen beschleunigte globale Entwicklungen. Sie werden immer unüberschaubarer und deshalb als diffuse Bedrohung empfunden.
Genau das gibt Nazis eine Chance, warnen sie.

Ihre Empfehlung heißt: „Mehr Politik wagen!“ Dazu gehören ein auskömmlicher Mindestlohn, die Umverteilung von Wohlstand und eine Neubewertung von Arbeit. Schließlich mahnen die Wissenschaftler:
„Mehr Europa, aber anders, nämlich sozial und demokratisch.“

Diese Studie wurde für die SPD geschrieben. De facto aber ist sie eine fundierte Aufforderung, DIE LINKE zu wählen, denn genau das ist unser Programm.

12. Meine 5. Geschichte

Seit Monaten jagt eine Enthüllung über Machenschaften von US- und weiteren Geheimdiensten die andere. Im großen Stil werden persönliche Daten geraubt, wird weltweit überwacht. Das ist ein Generalangriff auf verbriefte Bürgerrechte und die Demokratie.

Und was sagt die Bundesregierung zu alledem? Kanzlerin Merkel: Das macht man unter Freunden nicht.
Geheimdienstkoordinator Pofalla: Schluss der Debatte!
Innenminister Friedrich: Schuld hat das Internet, nicht die Geheimdienste!
So viel Inkompetenz ist unglaublich! Und so viel Ignoranz ist nicht hinnehmbar!

13. In diesem Zusammenhang doch noch ein Satz zum Thema Umverteilung:

Ich finde, der Friedensnobelpreis, der fälschlich Barack Obama verliehen wurde, gebührt Edward Snowden.

14. Abschließend:

Meine Pro-Themen bleiben Bürgerrechte und Demokratie. Ich will sie als Linke weiter stark machen - 100 % sozial und 100 % für mehr Demokratie!
In diesem Sinne bitte ich sie um ihre Zustimmung am 22. September: für die Partei DIE LINKE und für mich als ihre Direktkandidatin!
 

 

 

11.9.2013
www.petra-pau.de

 

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