Aktuelle Notiz: Zur „Arche“

von Petra Pau
Berlin, 15. Dezember 2005

„Politiker spielen Arche versenken!“, titelte ein Magazin. „Üble Schlammschlacht um die Arche!“, wetterte ein Boulevard- Blatt. Das ist „Diskriminierung des Christlichen“, zitierte die Evangelische Agentur einen CSU-Abgeordneten. Und bei alledem war immer wieder von der Linkspartei die Rede. Viel Lärm um Nichts? Leider nicht. Es gab einen handfesten Anlass.

Die „Arche“ ist ein kirchliches Kinder- und Jugendprojekt. Es versorgt allein in Hellersdorf täglich rund 300 Bedürftige mit einer warmen Mahlzeit und mehr. Jüngst wurde es von der „Internationalen Liga für Menschenrechte“ mit der Carl- von- Ossietzky- Medaille ausgezeichnet. Die „Arche“ ist weit über Berlin hinaus bekannt und finanziert sich inzwischen fast vollständig aus Spenden.

„Fast“, denn bislang erhielt die „Arche“ rund 36.000 Euro jährlich aus dem Bezirkshaushalt. Diese Summe sollte nun halbiert werden. Das beschloss der Jugendhilfe-Ausschuss der Bezirksverordnetenversammlung - auf Antrag der FDP und mit den Stimmen der Linkspartei.PDS, die im Bezirksparlament die absolute Mehrheit stellt. Das musste die Medien auf den Plan rufen.

Noch ärger schlugen die „Begründungen“ für die Kürzung ein. Pfarrer Bernd Siggelkow, der Gründer und Leiter der Arche, „missioniere“ die Kinder „über den Magen“. Außerdem käme er den betreuten Kindern und Jugendlichen körperlich zu nahe. Beide Vorwürfe stammen von einem Bezirksverordneten der Linkspartei.PDS. Er handelte sich damit - zu Recht - juristische Klagen ein.

Der politische Schaden ist größer. Die Linkspartei.PDS - und zwar die ganze - kam somit in den Verruf, sie führe einen Kreuzzug gegen die Kirchen. Das ist ein absurder Vorwurf, aber zugleich ein selbst provozierter. Und es gibt nicht wenige, die ihn schleunigst aufgriffen, weil er in ihr Kalkül passt. Wer politisch denkt und agiert, hätte das wissen können und vermeiden müssen.

Zugleich überdeckt der klein karierte „Hellersdorfer Kirchen-Streit“ das eigentliche Thema, nämlich die bundesweit zunehmende Kinderarmut. Es drängt und man muss es gemeinsam angehen - mit den Kirchen, mit Sozialverbänden, mit Gewerkschaften, mit der „Arche“ - und nicht gegen sie. Wer aber potenzielle Verbündete brüskiert, handelt nicht politisch, sondern sektiererisch.

PS 1:
Ich kenne die „Arche“ seit längerem. Das gehört zu meiner Wahlkreisarbeit. Pfarrer Bernd Siggelkow weiß daher auch, dass ich Teile seiner PR-Arbeit nicht gut finde. Um bekannt zu werden und um möglichst viel Spenden zu erheischen, „vermarktete“ er Hellersdorf über seine ärmsten Kinder. Das ist falsch, das produziert ein Zerr-Bild und das ist auch nicht gut für die Betroffenen.

PS 2:
18.000 Euro, darum ging der Streit, sind für einen gebeutelten Bezirkshaushalt nicht wenig. Und es gibt mehr soziale Projekte als die Arche, die Unterstützung brauchen. Umso klüger muss man wägen. Es kann gute Gründe geben, die "Arche"- Mittel umzuverteilen. Das müssen Bezirkspolitiker entscheiden. Aber bitte mit guten Pro-Argumenten und nicht mit abseitigen Kontra- Vorwürfen.

PS 3:
Die BVV Marzahn-Hellersdorf hat den umstrittenen Beschluss ihres Jugendhilfe-Ausschusses revidiert, mit den Mehrheitsstimmen der Linkspartei.PDS. Die Arche wird auch 2006 gefördert werden, wie bisher. Nur die FDP stimmte geschlossen dagegen. Wichtiger ist: Über 300 Kinder finden dort weiter täglich eine Heimstatt, die sie zu Hause leider nicht immer haben.
 

 

 

27.12.2005
www.petra-pau.de

 

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