„Ziegenhals“ ist wichtig!

Kundgebung zum Erhalt der Thälmann-Gedenkstätte
Ziegenhals, 17. 04. 2004
nicht gehaltene Rede

1. 

Ich bin heute hierher gekommen, weil ich meine:
Es geht hier nicht um eine regionale Posse, es geht hier auch nicht um eine märkische Komödie, es geht um einen bundesweiten Skandal.
Dazu habe ich mich schon öfter geäußert und ich werde auch weiterhin versuchen, über bundesweite Medien für den Erhalt der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals zu werben.

2. 

Am Donnerstag hatte die Brandenburger PDS im Potsdamer Landtag eine parlamentarische Frage zum Streit über die Gedenkstätte gestellt. Ich versuche die lange Antwort der zuständigen Kultus-Ministerin so zusammen zu fassen, wie ich sie verstanden habe.
Erstens sei sie, also die Landesebene, nicht zuständig. Zuständig wäre laut Landes-Denkmal-Gesetz ausschließlich der Landkreis.
Zweitens sei die Gedenkstätte Ziegenhals nicht authentisch. Weder der Versammlungsraum, noch das Mobiliar, noch der Gedenkhof.
Drittens habe sich ein Museum bereit erklärt, einzelne Ausstellungsstücke zu übernehmen, um den DDR-Umgang mit Geschichte zu dokumentieren.

3. 

Dazu nun von mir drei Anmerkungen:
 
Erstens: Die CDU-Ministerin macht es sich zu einfach, wenn sie sich für „nicht zuständig“ erklärt. Sie beruft sich auf das Landesgesetz zum Denkmalschutz, und für Landesgesetze gibt es Verantwortliche - Frau Ministerin Janka und ihre CDU-Fraktion gehören dazu.
 
Zweitens: Es mag ja sein, dass weder das Haus, noch das Mobiliar, noch der Ehrenhain authentische Zeugnisse vom Februar 1933 sind. Die NS-Herrschaft und der von Deutschland begonnene 2. Weltkrieg waren allerdings auch keine Veranstaltungen im Sinne des antifaschistischen Denkmalschutzes - sie waren Verbrechen und zerstörerisch.
Aber der Ort ist authentisch. Denn hier in Ziegenhals, auf diesem Areal, trafen sich letztmalig Mitglieder des Zentralkomitees der KPD, unter ihnen Ernst Thälmann. Deshalb finde ich: Der Ort ist denkmalwürdig.
 
Und Drittens: Ja, zu DDR-Zeiten wurde manches getan, dargestellt oder weggelassen, was dadurch der Geschichte nicht gerecht wurde. Deshalb geht es auch um ein Denkmal über den Umgang mit Geschichte.
Aber trotzdem und vor allem geht es hier um einen Denkort des antifaschistischen Widerstandes. Ob der immer heroisch, ob der immer richtig war, all das ist in diesem Zusammenhang nachrangig.
 
Kommunistinnen und Kommunisten gehörten zu den ersten, die vor dem Hitler-Regime gewarnt hatten. Sie gehörten zu den ersten, die Widerstand leisteten. Und sie gehörten zu den ersten, die dafür ermordet wurden.
Dies gehört zur Geschichte, zur realen und zur denkwürdigen Geschichte.

4. 

Wir begehen in wenigen Tagen den 60. Jahrestag der Befreiung Deutschlands und Europas von Faschismus und Krieg. Wahrscheinlich wird es der letzte runde Jahrestag sein, an dem Zeitzeugen über sich und ihre Geschichte berichten können. Umso wichtiger ist es, Gedenkorte zu erhalten und zu pflegen.
Und wir alle wissen: Antifaschistischer Widerstand ist kein Wort aus dem Geschichtsbuch, er ist zugleich eine aktuelle Herausforderung.
Es kann ja sein, dass eine Behörde zu kurzsichtig oder zu geschäftig ist, um politische und historische Dimensionen zu erkennen - von einer Landesministerin und von einer Landesregierung erwarte ich mehr.

5. 

Ich habe mir das in Brandenburg geltende Denkmalschutzgesetz angesehen. Es ist richtig: Vieles wurde nach unten, in die Landkreise delegiert, wofür früher das Land zuständig war. Das begrüße ich übrigens.
Aber man darf nicht nur die Stellen zitieren, die einem gefallen und sich dann hinter dem Rest verstecken.
Im Gesetz ist von den unteren Denkmalschutzbehörden die Rede, also die Landkreise und die kreisfreien Städte, und von einer Obersten Denkmalschutzbehörde, also dem zuständigen Landesministerium.
Auch das steht im Gesetz: Ein Denkmal ist der Allgemeinheit zugänglich zu machen, sofern ein öffentliches Interesse besteht. Ist das auf zumutbare Weise nicht möglich, dann kann der Besitzer enteignet werden.

6. 

Und damit wäre ich bei meinem zweiten Motiv: Wir bekunden heute das öffentliche Interesse am Erhalt dieser Ernst-Thälmann-Gedenkstätte. Ich habe es, die PDS im Bundestag hat es, wir alle haben es.
Wir widersprechen damit - politisch - dem Gutachter und dem Gutachten, auf die sich die Landesregierung zurückzieht. Und wir widersprechen dem Trend, alles zu verkaufen, selbst das anti-faschistische Bedenken.
Ich will das nicht. Nicht, aus Achtung gegenüber jenen, die dem faschistischen Wahn widerstanden. Nicht, aus Hoffnung an jene, die sich dem neuen Rechtsextremismus widersetzen. „Ziegenhals“ ist wichtig!
 

 

 

17.4.2005
www.petra-pau.de

 

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