Aktuelle Notiz: Nach dem Tempodrom-Parteitag

von Petra Pau
Berlin, 1. Juli 2003

1. 

Es war ein Krisen-Parteitag. Er wurde ausgelöst, weil der alte Vorstand nicht mehr konnte und nicht mehr wollte. Dieser Befund war zwar intern umstritten. Aber das änderte nichts an der realen Kopflosigkeit der PDS.
 
Die wurde mit dem Parteitag überwunden. Es wurde ein neuer Vorstand gewählt und damit die Chance für einen „Neu-Start“ eröffnet.
 
Mehr nicht, denn die Krise ist nicht auf Vorstandsprobleme zu reduzieren. Aber auch nicht weniger, denn die Option auf eine 2. Erneuerung wurde gewahrt.

2. 

Es war ein Parteitag des Wollens. Lothar Bisky befand danach: „:Es gab keine Verlierer, gewonnen hat die PDS!“ Interpretiert: Niemand solle sich als Sieger wähnen und keiner möge sich als Verlierer fühlen.
 
Gleichwohl: Gewonnen haben alle, die eine Kooperation wollten, ohne Konflikte zu meiden. Verloren haben jene, die eine finale Schlacht suchten, um die Partei zu beherrschen.

3. 

Es war kein Parteitag der Klärung. In „Gera“ wurden falsche Alternativen hofiert, es wurde denunziert und es wurden bessere Analysen blockiert. Das wurde im „Tempodrom“ teilweise korrigiert - nicht immer offen, aber de facto.
 
Die drei Grund-Defizite der PDS, ihre Politikfähigkeit, ihr Profil und ihr Kultur, wurden nicht ernsthaft gehoben. Es gab kaum konzeptionellen Zugewinn und es gab wieder einmal eine abstoßende Unkultur, die allerdings von der Mehrheit isoliert wurde.

4. 

Es war ein Parteitag der Abwehr. Im Vorfeld des Parteitages wurden „Kampflinien“ skizziert und ideologisch vermint. Sie sind in der jw-Beilage „wir@pds“ und in weiteren Papieren bzw. offenen Briefen nachlesbar.
 
Sie lassen sich grob so beschreiben:
a) Eine Partei-Rechte wolle die PDS vom wahren Weg abbringen.
b) Mit einem Putsch wurde die innerparteiliche Demokratie entwurzelt.
c) Die etablierten Besser-Ossis hängen die kritischen West-Geister ab.
d) Die gesunde PDS leide an einem gefährlichen Virus namens Berlin.
e) Die Beschlüsse von „Münster“ und „Gera“ sollen revidiert werden.
 
Diese Attacken wurden von den Delegierten mit großer Mehrheit abgewehrt. Die innewohnenden Widersprüche aber wurden nicht weiter bearbeitet.

5. 

Es war ein Parteitag mit Auftrag. Zum einen, die innerparteilichen Befindlichkeiten nicht wichtiger zu nehmen, als die gesellschaftlichen Konflikte. Zum zweiten, sich den gesellschaftlichen Problemen endlich auch innerparteilich zu stellen.
 
Die Grundbotschaft der PDS wurde bekräftigt: Es gibt Alternativen zum Sozialabbau. Im beschlossenen Antrag wurden sie gelistet, allerdings nicht gewichtet. Gregor Gysi hat sie zum Wohle der Partei-Seele abschließend euphorisiert. So weit, so gut, so PDS. ! Bleibt die alte Mahnung von Karl Marx: „Die Idee wird (nur dann) zur materiellen Gewalt, wenn sie die Massen ergreift ...“

6. 

Zwischen den Parteitagen zu „Gera“ und „Berlin“ liegt ein verlorenes Jahr. Es aufzuholen, ist ein Wettlauf mit der Zeit. Er wurde im Tempodrom ermöglicht. Nun muss gelaufen, ja gerannt werden.
 

 

 

1.7.2003
www.petra-pau.de

 

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