Linksbündnis & Name

Sehr geehrte Frau Pau,
 
obwohl ich für Sozialismus, wie er früher in der DDR praktiziert wurde wenig Sympathie habe, ist mir doch sehr daran gelegen, daß die mögliche neue Gruppierung Erfolg hat. Obwohl ich zur (unteren) Mittelschicht gehöre, bin ich es leid, daß jeder Versuch, etwas mehr Gerechtigkeit zu schaffen mit dem Argument der "Neiddiskussion" abgewürgt wird. Ich denke, daß es gerade in den alten Bundesländern sehr auf die neue Namensgebung ankommt. Wie wäre es denn mit dem Namen: PDG? Dies stünde für „Partei der Gerechtigkeit“. Oder PFG für „Partei für Gerechtigkeit“?
Ich bin genau der Meinung, die von den Herren Gysi und Lafontaine in den Medien vertreten wird, daß man zumindest über Alternativen zum derzeitig praktizierten Kapitalismus sprechen können muß, ohne gleich als blöder und mit wenig Ahnung bedachter Dummkopf zu gelten.

Mit freundlichen Grüssen aus Bayern
Heinz Mack
10. Juni 2005

Liebe Frau Pau,
 
wir sind uns wohl alle einig, daß dieses Land eine neue linke Kraft braucht. Wenn sich das Oskar-Bündnis formiert, was bisher noch nicht sicher war, werde ich es wahrscheinlich wählen. Das Problem ist nur das sture Festhalten an einem alten, verstaubten und komplizierten Namen. Als Buchautor weiß ich, wie wichtig knackige Titel sind. Und „Neue Linke/PDS“ oder Ähnliches ist nun wirklich kein verkaufsfördernder Titel.
Bringen Sie den Neuanfang bitte auch in einem neuen Namen zum Ausdruck. Wir wollen nicht rückwärtsgewandt sein, sondern nach vorne blicken.
In diesem Fall würde ich sagen: Der Name ist Programm. Oskar, frech wie Oskar, die Oskar-Partei. Besser ginge es nicht. Falls das zuviel Personenkult ist, würde ich einen anderen knackigen Namen wählen.

Beste Grüße
Gerhard Wisnewski, Bayern
10. Juni 2005

Sehr geehrter Heinz Mack,
sehr geehrter Gerhard Wisnewski,

da Sie mir beide am selben Tag zum selben Thema schrieben, antworte ich Ihnen im selben Wortlaut. Sie machen sich Gedanken um den Namen eines neuen Linksbündnisses und Sie unterbreiten zugleich Vorschläge. Damit befinden Sie sich in guter Gesellschaft, denn ich bekam in den zurückliegenden Tagen viel Post mit Vorschlägen für Namen, mit Logo-Entwürfen und sogar mit ausgearbeiteten Partei-Programmen.

Allerdings: Ganz so einfach ist das mit einem neuen Namen nicht. Einmal abgesehen davon, dass die Mitgliedschaft der PDS und die Mitgliedschaft der WASG eine Umbenennung wollen muss und sich zudem auf einen neuen Namen einigen müsste. Es gibt auch rechtliche Hürden.

Gäben sich beide einen neuen Namen, dann wären sie eine neue Partei. Eine neue Partei müsste bei Null anfangen. Sie könnte nicht einfach sagen: „Herr Bundeswahleiter, hier sind unsere Kandidaten und hier ist unser Programm, schreiben Sie uns bitte auf die Wahlzettel.“ Nein, eine neue Partei müsste erst einmal in jedem (!) Wahlkreis ca. 200 Unterstützerunterschriften sammeln und obendrein in jedem Bundesland noch einmal zusätzlich 2.000. Nicht auf einer großen Liste. Wer bereit ist, eine Kandidatur der neuen Partei zur Bundestagswahl zu unterstützen, müsste dies auf separaten Formularen unter Angabe seiner persönlichen Daten tun. Sie sehen, allein die formalen Hürden sind sehr hoch und dürften in der Kürze der Zeit, inklusive Ferienzeit, kaum zu überwinden sein.

Hinzu kommt: Die PDS ist in sechs Landesparlamenten, im Bundestag und im EU-Parlament vertreten. Sie regiert in zwei Ländern mit und stellt obendrein zahllose Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Das alles unter dem Kürzel PDS, also ausgeschrieben „Partei des Demokratischen Sozialismus“. Fiele das weg, dann gäbe es auch hier Probleme. Mehr noch: Sie kennen sicher die „Konrad-Adenauer-Stiftung“, die „Friedrich-Ebert-Stiftung“ und so weiter. Auch die PDS hat eine parteinahe Stiftung, in der Wissenschaftler, Studenten und politik-interssierte Leute arbeiten, in der geforscht und gebildet wird. Die „Rosa-Luxemburg-Stiftung“ würde ebenfalls ersatzlos wegfallen, wenn das Kürzel „PDS“ preisgegeben würde.

Deshalb haben sich PDS und WASG in ihren Sondierungsgesprächen und nach gründlicher Prüfung entschieden, die sichere Variante zu wählen. Schließlich soll der gemeinsam angestrebte Erfolg zur Bundestagswahl nicht gefährdet werden. Die Einigung heißt: offene Listen der PDS. D. h., Mitglieder der WASG kandidieren auf der Liste der PDS. Derzeit wird noch beraten, ob es neben „PDS“ noch einen Zusatz im Namen geben soll und welcher. In der Diskussion ist zum Beispiel „Vereinigte Linke - PDS“. Der Name würde Neues eröffnen, ohne Bestehendes zu gefährden.

Nachsatz:
Ich weiß, dass es gerade in den alten Bundesländern manche Vorbehalte gegen die PDS und damit auch gegen ihren Namen gibt. Herr Mack beginnt seinen Brief ja auch mit dem Satz: „Obwohl ich für Sozialismus, wie er früher in der DDR praktiziert wurde wenig Sympathie habe...“. Seien Sie sicher: Die PDS will nicht zurück in die DDR und auch keinen Sozialismus a lá DDR. Wir wollen eine moderne, linke und gerechte Politik in der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
11. Juni 2005

 

 

11.6.2005
www.petra-pau.de

 

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