Die Jeans, das Kopftuch und die Bürgerrechte

Das Bundesverfassungsgericht hat den Ländern anheim gestellt, das Tragen von Kopftüchern an Schulen per Gesetz zu regeln, notfalls zu verbieten. Dazu erklärt Petra Pau, Mitglied des Innenausschusses:

Es stimmt bedenklich, wie schnell Innen- und Bildungsminister die Verbotschance ergreifen wollen. Die Zahmen bemühen die Neutralität des Staates gegenüber Religionen, die auch in Schulen gelte. Die Harten verweisen auf Gefahren des Islam, der im öffentlichen Dienst nichts zu suchen habe.

Die militante Kopftuch-Debatte geht von dem Kurzschluss aus: Kopftuch gleich fundamentaler Islam gleich Terrorgefahr gleich Verfassungsfeind. Die Trägerin wird unabhängig davon, was sie denkt oder tut zum Staatsfeind erklärt und mit Berufsverbot bedacht.

Diese Denkweise hatte eine eigenartige Entsprechung in der früheren DDR. Dort galt zuweilen: Jeans gleich USA-Freund gleich Klassenfeind gleich Kriegstreiber. Unverbesserliche wurden nicht selten aus der Schule entlassen, unabhängig davon, was sie ansonsten dachten oder taten.

Aber die Gefahr geht noch weiter: Wird erst einmal ein Kleidungsstück zum Gesinnungsstück erklärt und verboten, dann findet sich auch das zweite, dritte oder x-te, das sich von Staats wegen verbannen ließe: ein Palästinenser-Tuch oder ein Peace-Zeichen oder ein Anti-AKW-T-Shirt und so weiter. Und natürlich drohten allenthalben Berufsverbote wegen unbotmäßiger Mode.

Deshalb darf die Debatte nicht Religionskundlern und Staatsschützern überlassen werden - sie ist auch eine Herausforderung für Bürgerrechtler.
 

Berlin, den 27. September 2003

 

 

27.9.2003
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

 

 

Presseerklärungen

 

Startseite