Pressegespräch

3 Gradmesser für Rot-Grün

"Jäger-Runde" am 07. 05. 2003, aus dem Statement von Petra Pau:

1. Zur Agenda 2010

Ich verstehe, dass die SPD ihre besondere Aufmerksamkeit genießt. Sie ist der größere Koalitionspartner, sie ist die Kanzlerpartei. Aber die Rolle der Grünen ist nicht minder spannend. Sie bezeichnen sich gern selbst als Reformmotor und als Bürgerrechtspartei.

Wir erleben derzeit eine konzertierte Aktion gegen das Sozialstaats-Prinzip, also gegen das Grundgesetz. Wer dabei auch noch treibt, kann keine Bürgerrechtspartei sein.

Im Übrigen: Die Grünen mögen von Fröschen und Rindern etwas verstehen, vom Osten haben sie Null-Ahnung.

Ich erinnere an Äußerungen der finanzpolitischen Sprecherin Scheel zu Ausbildungslage vom Wochenende. Demnach soll Jugendlichen die Sozialhilfe gekappt werden, sofern diese nicht bereit sind, wie im 19. Jahrhundert auf Wanderschaft zu gehen. Das sind Programme zur Entvölkerung ganzer Landstriche, aber keine zur Lösung der Ausbildungsmisere.

Ein Gradmesser für die Reformbereitschaft von Rot-Grün bleibt eine Ausbildungsplatzabgabe. Sie ist von jenen Unternehmen zu entrichten, die ausbilden könnten, es aber nicht tun. Und sie muss jenen zugute kommen, die ausbilden wollen, es aber nicht können.

Ein zweiter Gradmesser für die Reformbereitschaft von Rot-Grün bleibt die Vermögenssteuer. Die gesamte Steuerdebatte wird moralisch schief geführt - von Grün bis Schwarz, von Gelb ohnehin. Es geht nicht darum, ob Steuern gut oder schlecht sind. Die Frage ist, ob sie gerecht sind.

Ich nenne einen weiteren Punkt, der zum Blödsinn der aktuellen Auseinandersetzung, leider auch zum Mainstream gehört. Die Lohnnebenkosten werden von nahezu allen Parteien zum Grundübel aller Leiden erklärt. Jeder Betriebswirtschafts-Student im zweiten Semester weiß: Das ist purer Unsinn. Produktivität und Gewinne werden von ganz anderen Faktoren bestimmt. Und beide steigen, allem Krisen-Geheul zum Trotz. Lohnnebenkosten sind Löhne! Wer sie ins Visier nimmt, sollte auch so ehrlich sein, es offen zu sagen.

Deshalb mein dritter Gradmesser für die Reformbereitschaft von Rot-Grün: Es muss Schluss sein mit der allgemeinen Volksverdummung.

2. Nun zur PDS

a) Ich gehöre zu jenen, die einen Sonderparteitag und eine Neuwahl des Vorstandes fordern. Dabei interessiert mich wenig, wer wann was gesagt oder blockiert hat. Ich könnte ihnen aus unserer Arbeit im Bundestag illustrieren, warum der Bundesvorstand für uns seit einem halben Jahr ein glatter Ausfall ist.

Wichtiger ist: Wenn die Vorsitzende einer Partei sagt, der Vorstand sei politik-unfähig, dann muss der Parteitag das Heft des Handelns ergreifen.
Wer einen Sonderparteitag dennoch ablehnt, ist ein Spinner, kein Politiker.

b) Zugleich warne ich davor, die aktuelle PDS-Krise als Ost-West-Konflikt zu vernebeln. Linke Politik lässt sich nicht regionalisieren, schon gar nicht in Zeiten der Globalisierung.

Allerdings erfahre ich gerade in westlichen Landesverbänden, wie der Virus von Gera grassiert. Wer Ismen predigt, ist willkommen, wer Politik sucht, wird ausgesetzt.

c) Deshalb kann es auf dem Sonderparteitag nicht darum gehen, ein paar Jungs auszutauschen. Die PDS muss sich endlich wieder als politische Partei begreifen und einen gemeinsamen Aufbruch wagen.
 

Berlin, den 7. Mai 2003

 

 

7.5.2003
www.petra-pau.de

 

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