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Linkes Europa vereint gegen rechts

21. März 2005

EU-Parlamentarier diskutierten über die Gefahr am rechten Rand der Parlamente

Von Marina Flämig

Linke Parlamentarier aus 18 Ländern Europas trafen sich am Wochenende in Potsdam. Neben dem Beitrag linker Parteien für ein soziales Europa war der Erfahrungsaustausch darüber, wie man in regionalen und nationalen Parlamenten mit Rechtsextremisten umgeht, wichtiges Thema des Treffens.

Abgeordnete von 23 linken europäischen Parteien tauschten auf der ersten ParlaCon 2005 ihre Erfahrungen beim Umgang mit rechtsextremen Parteien aus. Eingeladen hatte die PDS. Der Bezug zur Vergangenheit blieb nicht außen vor: Die Parlamentarier besuchten den Reichstag und legten an Ehrenmalen für die Befreier Kränze nieder.

Die linken Parteien wollen gemeinsam etwas tun gegen Rechtsextremismus, so Helmut Scholz, von der gastgebenden Partei, der auch im Vorstand der Europäischen Linkspartei (EL) sitzt.

Bei der Darstellung der politischen Situation in europäischen Staaten wurde deutlich, dass der Wahlsieg der NPD in Sachsen nicht die Ausnahme von der Regel ist - er ist nur das deutsches Beispiel eines europäischen Phänomens. Der Zuspruch und die Akzeptanz rechtsextremer Parteien wächst nicht nur in Deutschland. Die Niederlande galten in den 90er Jahren als das toleranteste europäische Land. Anfang des Jahrhunderts allerdings wurde der „Traum zum Alptraum“, so der niederländische Senator Tiny Kox von der sozialistischen Partei. Der Bruch kam in Gestalt eines „politischen Proleten“: Pim Fortuyn. Dieser wusste die ängstliche Stimmung der Menschen, die laut Kox durch brutalen Neoliberalismus hervorgerufen wird, für sich zu nutzen. In den Niederlanden entstand ein Klima des Opportunismus und Rechtsextremismus. Am 6. Mai 2002, neun Tage vor der niederländischen Parlamentswahl, wurde Fortuyn von einem militanten Umweltaktivisten ermordet. „In meinem Land gibt es jetzt ängstliche Leute“, so Kox. Diese unsichere Stimmung wurde durch den Mord an Theo van Gogh Ende November letzten Jahres noch verstärkt. „Heute“, so erklärt Kox, „ist die politische Situation wie das holländische Wetter: instabil.“ Die Regierung ist die unpopulärste seit Kriegsende; die rechten Parteien legen weiter an Stimmen zu. Aber gleichzeitig wächst ebenso die Anzahl derer, die sich einen anderen Weg wünschen. Auch die Umfragewerte für die niederländischen linken Parteien steigen.

Die Debatte um die Frage, ob ein Verbot rechtsextremer Parteien ein Mittel zu deren Bekämpfung ist, stand im Mittelpunkt der Diskussion der linken Parlamentarier. „Der Kampf gegen den Faschismus ist nicht möglich mit den Mitteln, die wir jetzt haben“, erklärte Lubos Blaha, Leiter der internationalen Abteilung der Kommunistischen Partei der Slowakei. Auch in der Slowakei wachse die Ausländerfeindlichkeit. Dies sei, so stellte Blaha klar, nicht nur eine Angelegenheit der Politik, sondern vor allem eine alltägliche Begegnung im Alltag. Gewalttaten von Skinheads und rechtsextremistisch motivierte Morde an Roma seien in der Slowakei grausame Realität. „Wir können nicht zulassen, dass die Neofaschisten weiterhin demokratische Rechte besitzen“ schlussfolgerte Blaha. Dies sei keine Frage des Liberalismus, sondern des Humanismus.

Seine Überzeugung, dass ein Verbot der neofaschistischen Parteien die gegenwärtige Situation verbessern würde, greift nach Ansichten der meisten versammelten Parlamentarier aber zu kurz. Ein Verbot von rechtsextremen Parteien führt nach Ansicht der deutschen Bundestagsabgeordneten Petra Pau (PDS) nicht dazu, dass Menschen weniger anfällig für populistische oder rechtsextreme Gedanken werden. In Deutschland, so Pau, werde pro Stunde eine Straftat mit rechtsextremen Hintergrund verübt. „Dieses Problem kann nicht gelöst werden durch ein Verbot von NPD oder DVU“, erklärte sie. Auch beim Thema NPD-Aufmarschverbot am Holocaust-Denkmal in Berlin blieb sie skeptisch: „Die Reaktion auf die Bedrohung von rechts kann nicht die vorauseilende Abschaffung von Bürgerrechten sein.“ Die sächsische PDS-Abgeordnete Katja Kipping pflichtete ihr bei: „Mit Einschränkungen der Demokratie nimmt man ihren Feinden nur die Arbeit ab.“ Ihrer Meinung nach helfe gegen Neofaschismus in den Köpfen nur eines: Bildung. Überarbeitete Lehrbücher und ein Umdenken von Lehrern und Schuldirektoren könnten Möglichkeiten sein, rechtsextreme Meinungen und Einstellungen zu bekämpfen.

Linke Parteien in ganz Europa stehen vor der Herausforderung, den Bürgern Alternativen zu bieten. „Die Rechtspopulisten sollen nicht kritisiert werden wegen den Fragen, die sie stellen, sondern den Antworten, die sie geben“, fasste Tiny Kox zusammen. „Nur wenn wir bessere Antworten geben, werden die ein Problem bekommen!“
 

 

 

17.11.2003
www.petra-pau.de

 

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