Nazis ist zu wehren - rechtzeitig, gemeinsam und tatsächlich

Bundestag, 1. Februar 2013, Debatte um NPD-Verbot
Rede von Petra Pau

1. 

Die NPD ist eine faschistoide Partei. Mitglieder der NPD treten Menschen und ihre Rechte im Wortsinne mit Füßen. Hass und Hetze prägen das politische Agieren der NPD. Grundsätze des Grundgesetzes sind ihr zuwider. Dafür lässt sich die NPD vom Staat aushalten und der Staat tut es auf vielfältige Weise. Das finde ich als Linke unerträglich.

2. 

Ich weiß, dass es in allen Bundestags-Parteien Bedenken gibt, ob Partei-Verbote grundsätzlich geboten und obendrein ein adäquates Mittel gegen das gesellschaftliche Problem Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus sind. Das verstehe ich und sage: Sie sind auf keinen Fall ein hinreichendes Mittel. Das sollten wir bei alledem nicht vergessen.

3. 

Und ich wiederhole auch, was ich zu ähnlichen Debatten bereits vordem angemahnt hatte. Der Kampf gegen Rechtsextremismus verträgt kein parteipolitisches Hickhack. Die Nazis kamen 1933 nicht an die Macht, weil die NSDAP so stark war, sondern weil ihre Gegnerinnen und Gegner zerstritten waren. Auch diese historische Lehre sollten wir beherzigen.

4. 

DIE LINKE erwägt ernsthaft ein Verbot der NPD, und das nicht erst seit jetzt. Meine Kollegin Ulla Jelpke und ich hatten 2001 bis 2003 das damalige NPD-Verbotsverfahren begleitet. Es ist gescheitert. Ich sage: zu Recht. Die NPD feierte das als Sieg. Auch das war schlecht. Noch schlechter wäre es allerdings, Fehler von damals zu wiederholen.

5. 

2003 wurde das Verfahren eingestellt, weil die Verfassungsrichter nicht mehr unterscheiden konnten, welche Beweise gegen die NPD originär von der NPD und welche von V-Leuten des Staates stammten. Seither mahne ich: Wer an der V-Leute-Praxis festhält, garantiert der NPD das Parteienprivileg. Diese V-Leute-Kumpanei muss endlich beendet werden.

6. 

Damit bin ich bei Punkt 1 meiner Skepsis. Innenminister des Bundes und der Länder haben über 1.000 Seiten Belastungsmaterial gegen die NPD zusammentragen lassen. Aber die Mehrheit der Innenminister ist nicht bereit zu garantieren, dass dieses Material entgiftet, also frei von V-Leute-Einflüssen ist. Sie trauen offenbar ihren eigenen Behörden nicht.

7. 

Punkt 2 meiner Skepsis: Der Europäische Menschenrechtshof hat die Hürden für ein Parteien-Verbot mindest so hoch, wie das Deutsche Grundgesetz gesetzt, wenn nicht noch höher. Ich war als Linke immer eine politische Gegnerin von Ex-Kanzler Helmut Kohl. Aber sein Zitat - „entscheidend ist, was hinten raus kommt“ - ist so weltfremd nicht.

8. 

Kurzum: Weil DIE LINKE ein Verbot der NPD ernst nimmt, sind wir gegen fragwürdige Schnellschlüsse. Wir fordern einen radikalen Bruch mit der V-Leute-Praxis des Staates. Und wir warnen, das angestrebte NPD-Verbot als Scheinlösung gegen die eigentlichen Herausforderungen gegen Rechtsextremismus zu missbrauchen.

9. 

Der Kern des Problems liegt ohnehin tiefer. Das haben Prof. Heitmeyer & Team uns allen ins Stammbuch geschrieben und jüngst auch Wissenschaftler im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ihr ähnliches Fazit lautet: Die aktuelle Politik, bei der Reiche immer reicher und Arme immer hoffnungsloser werden, spielt Nazis in die Hände.

10. 

Immer wieder werden Bürgerinnen und Bürger, die gegen Nazis demonstrieren, kriminalisiert. Wir erleben das aktuell in Sachsen. Aber nicht nur da. Es ist ergreifend, Inge Deutschkron im Bundestag zu hören. Zugleich bleibt mir unbegreiflich, wie ihre mahnende Botschaft zugleich sabotiert wird. Nazis ist zu wehren - rechtzeitig, gemeinsam und wirklich.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

[als Video]

 

 

1.2.2013
www.petra-pau.de

 

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