Aktuelle Notiz: Einheits- und Freiheits-Denkmal

von Petra Pau
Berlin, 12. November 2007

1. 

Der Bundestag hat beschlossen, in Berlin ein „Freiheits- und Einheits-Denkmal“ zu errichten. Es soll an die „friedliche Revolution“ 1989 in der DDR und an die deutsche Vereinigung 1990 erinnern. Etliche Nachrichten meldeten danach: „DIE LINKE war dagegen“ oder „gegen die Stimmen der Linken“. Das ist so wahr, wie falsch. DIE LINKE hatte gegen den Antrag der großen Koalition gestimmt, nicht aber gegen „ein Denkzeichen mit Dokumentationszentrum“, das wir alternativ beantragt hatten.
Siehe: http://dokumente.linksfraktion.net/drucksachen/7715624533_1606926.pdf

2. 

Eine Mehrheit im Bundestag wollte ihr Denkmal, nicht irgendeines, sondern ein Denkmal der Freude, und nicht irgendwo, sondern in Berlins Mitte. Das sei „dringend“ und „überfällig“, hieß es in den Debatten der Befürworter. „Wir sind das Volk - Wir sind ein Volk!“, heißt ein Vorschlag für eine mögliche Inschrift. „Das Volk“ wurde allerdings nicht gefragt und „ein Volk“, so belegen alle Umfragen, ist auch 17 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur BRD noch immer nicht auszumachen. Was also soll das „Einheits- und Freiheits-Denkmal“ aussagen oder bewirken?

3. 

Und was soll so ein Denkmal ausgerechnet auf der Berliner Spree-Insel, die in Erinnerung an die Hohenzollernzeit wieder mit einer Schloss-Attrappe bedacht werden soll. Und wieso soll ein Sockel, auf dem einst ein Reiterdenkmal für Kaiser Wilhelm I. thronte, nunmehr der neuen deutschen Freiheit und Einheit huldigen? Die Ära Wilhelm I. führte zum I. Weltkrieg und mitnichten in Freiheit. Ahistorischer, finde ich, geht es also kaum. Und gründlicher kann man die Bürgerrechtsbewegung anno 1989 nicht verkennen. Zwei Rollen rückwärts mit nationalem Pathos.

4. 

Das gewollte Denkmal wird seit Jahren von namhaften Politikern gefordert. Auch gern zitierte Bürgerrechtler gehören dazu, wie Günter Nooke (CDU). Ich bezweifle ihren Anspruch. Nicht rückwirkend mit Blick auf die DDR. Das steht mir nicht zu. Wohl aber aktuell in der Bundesrepublik Deutschland. Das erlebe ich. Denn wer als Mitglied des Bundestages Beschlüsse fasst, um Geheimdienste aufzuwerten, die Bundeswehr in Marsch zu setzen und Bürgerrechte abzubauen, ist für mich kein Bürgerrechtler (mehr) - im Gegenteil.

5. 

Andere Bürgerrechtler aus DDR-Zeiten wiederum kommen aktuell weder ins öffentlich-rechtliche Bild, noch ins vernehmbare Wort. Sie haben einen Makel, weil: Sie sind noch immer Bürgerrechtler. Sie wollen auch kein Denkmal. Und sie stören schon wieder. „Wir haben es satt“, opponierten sie bereits 2001 mit einem Appell gegen die Politik der Bundesregierung, die sie sehr an die Politik der SED erinnere. Ich habe vorgeschlagen: Lasst uns ihren Appell in Stein schlagen und so eine immerwährende Kontroverse über Bürger- und Freiheitsrechte beleben.

6. 

Darum geht es den eil-fertigen Denkmal-Befürwortern allerdings nicht. Deshalb ist die Frage, ob das „Kunst“-Werk in Berlin stehen soll, wie beschlossen, oder in Leipzig, wie beantragt, oder besser noch allerorten, wie empfohlen, sogar zweitrangig. So lange der Bundestag weiterhin über die Köpfe von Beteiligten und Betroffenen hinweg entscheidet, droht er zum prominentesten National-Denkmal zu verkommen. Leider nicht zum Guten und auch nicht für „Freiheit und Einheit“. Das wiederum sorgt mich mehr, als jeder Kaiser-Sockel mit neu-deutschem Heiligenschein.
 

 

 

12.11.2007
www.petra-pau.de

 

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