Gerecht soll es sein!

Bundestag, 15. Dezember 2005, Antrag „Für ein modernes Berufsbeamtentum“
Rede von Petra Pau

1. 

Ehe ich zum Detail komme, sage ich etwas Grundsätzliches. Wir, damit meine ich die Linkspartei, haben mit dem deutschen Beamtenwesen schon immer ein Problem. Beamte genießen bestimmte Privilegien. Im Gegenzug müssen sie auf Bürgerechte verzichten. Sie müssen brav sein. Courage ist verboten. Das ist altbacken preußisch und mitnichten modern.
Deshalb wiederhole ich einen Vergleich. Die Linkspartei.PDS ist gegen Prostitution. Aber solange es Prostitution gibt, so lange werden wir uns dafür einsetzen, dass die Prostituierten nicht sozial benachteiligt und ausgebeutet werden. Dasselbe Prinzip lege ich bei Soldaten an, ebenso bei Beamtinnen und Beamten.

2. 

Deshalb finde ich: Auch die Beamtinnen und Beamten haben ein Recht auf Vertrauensschutz. Das heißt: Die Eckpunkte für eine Reform des Beamtenrechts, die Bundesinnenminister a. D. Schily mit dem Beamtenbund und ver.di ausgehandelt hat, können nicht einfach - mir nichts, dir nichts - als Makulatur abgelegt werden.
Insofern stimme ich der FDP zu: Auch Beamtinnen und Beamte haben ein Recht auf Vertrauensschutz. Sie sind nicht der Spielball der Nation.

3. 

Die FDP fordert weiter, nur noch dort Beamtinnen und Beamte einzusetzen, wo es um die so genannten Kernaufgaben des Staates geht, beispielsweise bei der Polizei.
Dies läuft darauf hinaus, das ausufernde Beamten- Wesen zu begrenzen. Das finde ich - entsprechend meiner Eingangsbemerkung - richtig.

4. 

Nun sollen Beamtinnen und Beamte künftig mehr nach ihrer Leistung bezahlt werden und weniger nach ihrem Dienstalter. Das klingt gut. Vorausgesetzt, es gibt objektive Kriterien, nach denen die Leistung von Beamtinnen und Beamten gerecht bewertet werden können.
Gerecht heißt aber auch: Es muss bundesweit ein einheitliches Dienstrecht geben und nicht in jedem Bundesland ein anderes. Denn das würde ganz schnell zu Beamten erster, zweiter und dritter Klasse führen. Nicht weil ihre Leistungen erst- oder drittklassig sind, sondern weil wir arme und relativ reiche Bundesländer haben. Auch für Beamtinnen und Beamte muss gelten: gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

5. 

Damit bin ich allerdings auch bei einer übergeordneten Debatte: der Föderalismus-Reform. Sie ist nötig und sie ist schwierig.
Sie ist nötig, weil die bestehenden Strukturen und Kompetenzen schwer überschaubar sind. Wenn aber etwas schwer überschaubar ist, dann ist es immer auch wenig demokratisch.
Sie ist schwierig, weil sich bei der Föderalismus-Reform zwei Grundkonzepte gegenüber stehen. Die einen wollen einen Wettbewerbs-Föderalismus. Das klingt gut, ist aber schlecht, weil das zu Lasten der kleinen und ärmeren Bundesländer gehen würde. Die Linkspartei will einen solidarischen Föderalismus. Was im Übrigen auch dem Grundgesetz und dem Anspruch auf gleiche Lebensverhältnisse entsprechen würde.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

15.12.2005
www.petra-pau.de

 

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