Ausbildungs-Reform: Ja - Bildungs-Abbau: Nein

Bundestag, 17. Juni 2004, TOP „Modernisierung der dualen Berufsausbildung“
Rede von Petra Pau

1. 

Zum dritten Mal binnen zweier Monate befassen wir uns heute mit der Berufsausbildung. Diesmal haben CDU und CSU die Vorlage mit einem „Gesetzentwurf zur Modernisierung der dualen Berufsausbildung“ gegeben.
Ich will eine Binsenweisheit voranstellen: Man kann nur modernisieren, was es auch gibt. Das „duale System“ der Berufsausbildung aber hat schwere Schwindsucht, weil immer weniger Unternehmen eine Ausbildung anbieten.
Drei von vier Unternehmen in Deutschland bilden nicht aus und ca. 200.000 Jugendliche erhalten keine betriebliche oder gar keine Ausbildung. Das ist der Hintergrund, warum die PDS einer Ausbildungs-Umlage zugestimmt hatte.
SPD und Grüne haben die Umlage versprochen, wir haben sie gemeinsam vor wenigen Wochen beschlossen. Nun aber wird Rot-Grün wortbrüchig. Die Umlage sei hinfällig, höre ich. Stattdessen gibt es einen Ausbildungs-Pakt mit der Industrie.
Mich erinnert das an bekanntes Sprichwort: „Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach!“ Ihr Tausch, Pakt gegen Umlage, geht allerdings genau anders herum: Sie geben die Taube aus der Hand für einen flügellahmen Spatz.
30.000 Ausbildungsplätze stellt der BDI in Aussicht. Wir alle wissen und der DGB hat es vorgerechnet: Das reicht hinten und vorne nicht, um das Lehrstellen-Defizit zu beheben. Hinzu kommt: Der Pakt ist ohne Gewähr. Und wenn er überprüft wird - Anfang 2005 - dann haben wir den nächsten Jahrgang enttäuschter Jugendlicher ohne Lehrstelle.
Deshalb wiederhole ich: Das duale System lässt sich nur modernisieren, wenn es von der Schwindsucht geheilt wird. Genau dazu bedarf es aber einer Ausbildungs-Umlage. Da hilft kein Paktieren mit Sündern.

2. 

Nun unterbreiten CDU und CSU konkrete Vorschläge für eine bessere, moderne Berufsausbildung. Das ist gut. Auch wir fordern seit langem eine gründliche Reform der Ausbildung. Dazu hat die PDS ganz aktuell eine „Magdeburger Erklärung“ vorgelegt. Sie ist unser Diskussions-Angebot.
Wir können uns durchaus auch mit einigen Vorstellungen der CDU/CSU anfreunden. Etwa, wenn Ausbildungsgänge als Module angeboten, wenn Berufsabschlüsse international vergleichbar und anerkannt oder wenn erworbene Qualitäten in einem Ausbildungs-Pass verbrieft werden sollen.
Wir können über eine andere Prüfungs-Ordnung reden. Über eine bessere Koordinierung zwischen betrieblicher und schulischer Ausbildung müssen wir reden. Überhaupt sollte es unser gemeinsames Ziel sein: Eine solide Ausbildung und damit faire Lebenschancen für alle Jugendlichen.

3. 

Damit bin ich aber auch schon bei den Differenzen, die wir als PDS mit dem CDU/CSU-Antrag haben. Die Opposition zur Rechten will flinke Ausbildungsgänge 2. und 3. Klasse zum halben Preis.
Sie wollen die Ausbildungszeit verkürzen, sie wollen Theorie aus den Programmen streichen und sie wollen Auszubildenden obendrein ans Geld.
Einem solchen Bildungs- und Sozialabbau zu Lasten Jugendlicher - wie die CDU/CSU vorschlägt - wird die PDS natürlich nicht zustimmen.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

17.6.2004
www.petra-pau.de

 

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