PDS stimmt für eine Ausbildungs-Umlage

Bundestag, 7. Mai 2004, „Ausbildungs-Umlage“
Rede von Petra Pau

1. 

Der Streit um eine Ausbildungs-Umlage hat die Jahrhundertwende überdauert. Er hält an und er wird mit eigenartigen Argumenten weiter geführt. Ich will es gleich vornweg wiederholen: Die PDS im Bundestag stimmt für eine Ausbildungs-Umlage - obwohl das vorliegende Gesetz der Bundesregierung beileibe nicht das Gelbe vom Ei ist.

2. 

Wir sind nicht etwa für die Umlage, weil uns die Regelwut erfasst hätte. Wir sind für eine Ausbildungsplatz-Umlage, weil es zu viele Jugendliche gibt, die keine Lehrstelle bekommen, weil für sie keine Lehrstellen da sind. Die Regierung spricht von 35.000 Lehrstellen, die bundesweit fehlen. Allein das wäre schon schlimm. Real sind es aber rund 200.000 und das ist schlimmer.

3. 

Nun haben die Ministerpräsidenten Beck und Steinbrück - beide SPD - einen Ausbildungspakt ins Spiel gebracht. Ich finde: Das ist wahrlich keine neue Idee. Zumal die Hoffnung, dass die Wirtschaft von sich aus ausreichend Lehrstellen anbietet, seit Jahren trügt - betrogen wird. Deshalb ist der Steinbrück-Beck-Vorschlag auch wenig glaubwürdig. Mir sind übrigens die SPD-internen Kontroversen weitgehend egal: Ich halte nur fest: maßgebliche SPD-Politiker operieren im Zweifel als Anwalt der Unternehmen und nicht als Anwalt der Zukunft - ganz so wie Minister Clement beim Klima-Schutz.

4. 

Wir finden den so genannten Ausbildungspakt übrigens auch in der Sache daneben. Zum einen soll der Pakt zu einem Drittel mit Steuergeldern finanziert werden. Mit einem solchen Pakt würde also der unbefriedigende Status quo und die Flucht der Unternehmen aus ihrer Verantwortung legalisiert. Zum zweiten soll der Pakt Ländersache sein. Das heißt: Die Länder, die arm dran sind, bleiben arm dran. Und die Länder, in denen mehr ausgebildet werden könnte, werden aus der Solidarität entlassen. Schließlich soll der Pakt eine Alternative zur Umlage sein, nach dem Motto: entweder - oder. Der Steinbrück-Beck-Vorstoß trägt also obendrein erpresserische Züge.

5. 

Tatsache ist: drei von vier Unternehmen bilden nicht aus. Viele davon, obwohl sie es könnten. Das ist unmoralisch, das ist asozial und das ist übrigens auch rechtlos. Regelrecht dumm wird es, wenn dieselben Unternehmen, die nicht ausbilden, nun drohen: Kommt die Umlage, dann bilden wir überhaupt nicht mehr aus. Dass die Opposition zur Rechten diesen Blödsinn auch noch durch alle Medien trägt, spricht nicht gerade für ihre PISA-Tauglichkeit.

6. 

Ich wiederhole: Wir hätten gern ein besseres Gesetz. Deshalb haben wir auch einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt. Aber wir haben zwei Grundanliegen:
Wir wollen, dass alle Jugendlichen, egal ob in Mecklenburg-Vorpommern, im Saarland oder Bremerhaven, eine Chance bekommen und nicht von der Schulbank weg in ein ungewisses Schicksal entlassen werden.
Und wir wollen, dass diejenigen, die bisher ausbilden und es auch weiter tun wollen, nicht finanziell die Dummen sind, während andere sich durch Nichtstun eine goldene Nase verdienen. Deshalb ist die PDS für eine Ausbildungs-Umlage. Sie ist überfällig.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

7.5.2004
www.petra-pau.de

 

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