Nicht ehrgeizig, sondern Ehr abschneidend

Bundestag, 29. April 2004, Tagesordnungspunkt „Kommunales Optionsgesetz / Hartz“
Rede von Petra Pau

(es gilt das gesprochene Wort)

1.

Die Reform des Arbeitsmarktes stagniert, ist zu hören. Die Einführung des so genannten Arbeitslosengeldes Zwo zum 1. 1. 2005 sei gefährdet. Noch immer sei unklar, ob und wie die Kommunen und die Bundesagentur für Arbeit zusammen wirken. Und obendrein gebe es Software-Probleme. Das sind die Schlagzeilen der letzten Tage.

Zu Unrecht, finde ich. Denn wir haben kein Software-Problem, sondern wir reden über ein Hardcore-Programm, das Millionen Arbeitslose, potentielle Arbeitslose und deren Angehörige in die Armut treiben wird. Das ist das eigentliche Thema. Und nicht, wer das Ganze mit welcher Software exekutiert.

Sie wissen, dass die PDS gegen diese so genannte Arbeitsmarkt-Reform ist. Sie firmiert unter dem Namen „Hartz“ und sie ist Teil der „Agenda 2010“. Erst vor wenigen Wochen haben eine halbe Millionen bundesweit dagegen demonstriert - zu Recht.

2.

Nun lese und staune ich: Es melden sich Kronzeugen zu Wort, von denen ich das nicht erwartet hätte - die viel zitierten Wirtschafts-Weisen. Sie haben gestern ihren Jahresbericht vorgelegt.

Eine Aussage lautet: Die „Agenda 2010“ hat keine Besserung gebracht. Sie schuf massenhafte Verunsicherung, sie belastet den Binnenmarkt, sie bremst das Wachstum und sie schafft keine Arbeitsplätze.

Das sind starke Worte. Allemal gemessen an den großspurigen „Hartz“-Versprechungen. Da war nämlich noch von einer drastischen Senkung der Arbeitslosigkeit die Rede. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Sie sprechen nicht für Rot-Grün - im Gegenteil.

3.

Nun wollen sie - trotz alledem - das Arbeitslosengeld II einführen. Wir können die einschlägigen Tabellen hoch und runter rechnen: Für Familien mit Kinder, für Alleinstehende, für Ältere im Westen oder Jüngere im Osten. Das Ergebnis ist immer Dasselbe:

Sie greifen den Bedürftigen in die Tasche. Sie gehen sogar ans Ersparte. Sie zwingen Arbeitslose in unterbezahlte Jobs. Und Sie drohen ihnen obendrein mit Strafen.

Doch damit nicht genug: Sie drehen damit generell an der Lohn-Spirale. Betroffen sind nicht nur die Arbeitslosen, sondern auch alle, die Arbeit haben. Oder wie DGB-Chef Sommer sagte: „So als sei Arbeit Dreck!“

4.

Kurzum: Es spricht viel dafür, die Tätigkeit der Bundesanstalt für Arbeit den neuen Bedingungen anzupassen. Aber genau diese Vorhaben - etwa ausreichend moderne Jobcenter zu schaffen - schieben Sie auf die lange Bank.

Die Repression von Arbeitslosen aber wollen Sie forcieren. Das sei ein „ehrgeiziges Ziel“, war zu lesen. Ich finde: Das ist nicht ehrgeizig, das ist Ehr abschneidend. Die PDS ist jedenfalls grundsätzlich dagegen.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

29.4.2004
www.petra-pau.de

 

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